Wird über die Startup-Szene gesprochen, wird schon jeher darauf geschaut, wo sich die Einhörner befinden. Nach den Einhörnern kamen die Zebras und jetzt kommen auch noch Horses und Cows dazu. Diese Kategorien werden vor allem von denjenigen Akteuren genutzt, die sich die Startup-Welt von außen anschauen und versuchen, das Ökosystem zu strukturieren. Am Ende sind es Sammelbegriffe, die bestimmte Eigenschaften Kategorisieren sollen. Das es Tiere sind, liegt wohl daran, dass wir mit Einhörnern begonnen haben. Prof. D. Tobias Kollmann von der Uni Duisburg-Essen hat neue Kategorien vorgeschlagen und die schauen wir uns jetzt einmal an, damit du im Startup-Zoo nicht den Überblick verlierst.
Und am Ende haben wir noch ein weiteres mythologisches Wesen, dass aus den USA kommt.
Unicorns oder Einhörner heißen so, weil sie selten sind. So selten, dass es in ihrem Markt eigentlich nur eines geben kann. Einhörner streben nach schnellem Wachstum, um die Konkurrenz auszustechen. "The winner takes it all" - daher sind Einhörner nicht die kooperativsten. Dazu brauchen sie Investor*innen und sind in ihrem Ziel klar: Am Ende steht der Börsengang oder der Exit.
Wettbewerber werden nicht toleriert und so versuchen Einhörner sich möglichst große Marktanteile zu sichern. Das sorgt für einigen Druck und die Geschwindigkeit braucht in der Regel viel Kapital. Dabei liegt der Fokus darauf, die Unternehmensbewertung zu erhöhen. Ob das Unternehmen direkt rentabel ist, spielt hier eine untergeordnete Rolle. Als Team braucht ihr hier viel Investment-Power. Ohne neue Runden und ein schnelles Wachstum, ist schnell Hängen im Schacht.
Schnelles Wachstum meint hier übrigens, den Wert des Unternehmens immer wieder zu verdoppeln. Exponentielles Wachstum ist angesagt.
Insbesondere im Bereich Impact-Gründungen hat sich eine Art Gegenbewegung zu den Einhörnern entwickelt. Hier steht häufig eine langfristige PErspektive im Vordergrund, die kein exponentielles Wachstum braucht. Nachhaltigere Entwicklung steht hier sowohl beim Unternehemsaufbau, als auch beim Impact des Unternehmens im Vordergrund. Impact-Gründungen haben Ziele, die nicht nur wirtschaftlicher Natur sind. Sie wollen einen z.B. sozialen oder ökologischen Effekt erzielen.
Zebras sind dazu sehr bezogen auf ihre Gründer*innen und weisen - laut Kollmann - eine größere Kooperationsbereitschaft auf. Ergibt ja auch Sinn, wenn man einen positiven Effekt auf die Gesellschaft erzielen möchte, sollten sich Effekte eher ergänzen, als gegenseitig vom Markt drängen.
Interessant ist hier, dass Investor*innen auch ganz andere Strategien haben: Zebras sind auch nicht selten gGmbHs, die keine Gewinne an Gesellschafter ausschütten. Daher wird hier eher der Verkauf oder der Rückkauf von Anteilen betrieben, um das investierte Geld zurückzubekommen.
Horses sind den Einhörnern sehr ähnlich. Unterm Strich kann man Kollmann's Analyse so zusammenfassen: Horses haben ähnliche Ziele - also Exit und schnelles Wachstum, sind aber ein wenig kooperativer. Vielleicht hat er sich deswegen für das Pferd als Herdentier entschieden. Der Unterschied liegt im Marktumfeld. Horses müssen nicht Highlander-mäßig alle Wettbewerber ausschalten, sondern können auch co-existieren. In der Praxis bedeutet das vor allem, dass sich Horses im Bereich B2B finden lassen. Hier können sich Produkte sogar ergänzen und wetteifern nicht zwangsläufig direkt miteinander. Horses und Einhörner sehen sich also tatsächlich sehr ähnlich, adressieren aber Märkte mit unterschiedlichen Regeln.
Die Cows sind die stabilen Modelle. Moderates Wachstum, aber nicht so langfristig angelegt, wie bei den Zebras. Der Exit steht nicht im Vordergrund, sondern die mittelfristige Wertsteigerung, geführt durch das Gründer*innen-Team. Cows sind offen für Kooperation, haben aber nicht immer die Synergien, die Zebras erreichen können. Für Investor*innen kommt hier der ROI über die Gewinne, die erwirtschaftet werden. Der Nachteil an den Cows: es geht langsam. Der Vorteil: es wird dadurch Risiko minimiert.
In den USA gibt es derzeit eine interessante Entwicklung. Etablierte Investor*innen, wie etwa David Sacks, Jason Calacanis oder Doug Leone, haben über das letzte Jahr Kritiken an VCs geäußert, die "blind" und ohne Diligance in Startups investieren. Das Ergebnis: Viele Teams werden verbrannt und scheitern an den enormen Ansprüchen der Investor*innen. Diese Kritik mag berechtigt sein und ein Indiz dafür ist die wiederentflammte Liebe der USA zum Bootstrapping. Also ohne großes Fremdkapital aus eigener Kraft und eigenen Umsetzen das Unternehmen aufzubauen. Und auch hier kommen erfolgreiche Exits herum. Um die stark wachsenden Unternehmen ohne große Investments zu Gruppieren, kam der Begriff "Pegasus" auf. Erstmals erwähnt von Calacanis selbst, in seinem Podcast "this week in startups".
Was machen Gründer*innen eigentlich aus diesen Kategorien?
Zum einen ist es nicht schädlich, von diesen einmal gehört zu haben. Forschende und Investor*innen versuchen über diese Theorien Systematiken für die Praxis zu finden. Diese zu kennen hilft auch dabei, Gespräche mit eben diesen Akteuren zu führen.
Zum anderen zeigt die Entwicklung eine stärker werdende Differenzierung in den Strategien. Und das ist gut so. Nicht alle Startups können Unicorns sein und wollen das auch häufig gar nicht. Glaubt man dem Startup-Monitor, wollen 40% von euch gar keinen Exit.
Zum anderen stecken interessante Ansätze hinter diesem Modell, das die Einschätzung des eigenen Marktes ein wenig vereinfacht. Das Narrativ des Unicorns hat sich bereits so fest etabliert, das einige Teams quasi dazu gedrängt werden, Strategien von diesen Vorbildern zu übernehmen. Mit neuen Kategorien, finden sich hoffentlich einfacher Akteure zusammen, die ähnliche Vorstellung von Erfolg und Unternehmen haben.